Startseite » Arbeitszeitgesetz » Kann der Betriebsrat die Einführung einer Arbeitszeiterfassung erzwingen?
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Der Betriebsrat ist die gewählte Vertretung der Arbeitnehmer und setzt sich daher in seiner Rolle für deren Interessen ein. Als Arbeitnehmervertretung verfügt der Betriebsrat somit über bestimmte Mitbestimmungs-, Beratungs- und Informationsrechte.
In Österreich benötigt ein Betriebsinhaber die Zustimmung des Betriebsrates, sofern die Einführung von Kontrollmaßnahmen und technischen Kontrollsystemen die Menschenwürde berühren (vgl. § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG).
Einfache Zeiterfassungssysteme, wie einer mechanischen Stechuhr, kann der Arbeitgeber daher einseitig ohne Zustimmung des Betriebsrates einführen. Bei Arbeitszeiterfassungssystemen mit einer Kontrollmaßnahme und einem technischen Kontrollsystem, welches die Menschenwürde berührt, benötigt der Betriebsinhaber jedoch die Zustimmung des Betriebsrats. Existiert kein Betriebsrat, so bedarf es der Zustimmung jedes betroffenen Arbeitnehmers.
In Deutschland steht dem Betriebsrat, nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, bei der Einführung und Anwendung von Systemen zur Arbeitszeiterfassung ein Mitbestimmungsrecht zu. Das ist unabhängig davon, ob es sich um mobile Zeiterfassung, Zeiterfassung mit Fingerprint oder ein klassisches Zeiterfassungsterminal handelt. Dieses Recht kann gegebenenfalls auch erzwungen werden. Der Betriebsrat hat jedoch keine Mitbestimmung, welches Zeiterfassungssystem die Geschäftsführung einführt. Aber er darf mitbestimmen, wie das gewählte System in der Praxis umgesetzt werden soll.
In dem entscheidenden Fall von den Arbeitsgerichtshof Emden verlangte eine kaufmännische Angestellte die Vergütung von mehr als 1.000 Überstunden. Bei der Beklagten galt insofern „Vertrauensarbeitszeit“, die Arbeits- sowie Pausenzeiten wurden mittels einer Software erfasst. Die Arbeitgeberin trug hingegen vor, dass die Überstunden weder angeordnet, geduldet oder gebilligt worden wären. Vielmehr sei es der Klägerin freigestellt gewesen, etwaige Mehrarbeit durch Ausgleichszeiten zu kompensieren. Dabei entschieden die Arbeitsrichter zugunsten der Angestellten, die 20.000 Euro für geleistete Überstunden von ihrem Arbeitgeber verlangte.
Die Urteile des Arbeitsgerichts Emden liefern ein weiteres Argument dafür, dass Arbeitgeber gut daran täten, bereits vor Einführung einer neuen nationalen Regelung nachvollziehbare Arbeitszeiterfassungssysteme in ihre Betriebsabläufe zu integrieren.