Reform der deutschen Arbeitszeitregeln
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Armin Wachter

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Reform der deutschen Arbeitszeitregeln

Laut dem deutschen Gesetzgeber darf die werktägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Nach dem Ende eines Arbeitstages steht der Arbeitskraft eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu.

Inhaltsverzeichnis

Trotzdem verstößt jeder fünfte Arbeitnehmer aufgrund des hohen Arbeitsdrucks gegen die gesetzlichen Ruhezeiten. Das hat das Bundesarbeitsministerium im Bundestag bekannt gegeben.

Die elfstündige ununterbrochene Ruhezeit gilt allgemein. Jedoch können die Ruhezeiten von Beschäftigten in bestimmten Bereichen verkürzt sein (§ 5 ArbzG). Dies gilt zum Beispiel für die Beschäftigten in Krankenhäusern, Restaurants und Transportunternehmen, wobei die Auflistung nicht abschließend ist. Weniger als zehn Stunden sind aber auch bei diesen Beschäftigten nicht erlaubt. Jede Verkürzung der Ruhezeiten muss zudem zeitnah durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit ausgeglichen werden.

Überholte Arbeitszeitregeln

Arbeitszeitregeln sind wichtig. Sie sind dafür geeignet sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zu schützen. Sie bieten eine gewisse Struktur und Organisation der Arbeitstage bzw. Ruhezeiten.

Leider entsprechen sie kaum der Realität, denn es sollte eigentlich ausnahmslos gelten: Wenn jemand im Homeoffice abends um 22 Uhr noch seine beruflichen Mails liest, darf er vor 9 Uhr morgens nicht mit der Arbeit beginnen. Solche Vorgaben werden aber nur selten eingehalten.

Die Flexibilisierung der Arbeit

Die Flexibilisierung der Arbeit, besonders in Corona Zeiten, kann sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schädlich auswirken.
In vielen Branchen werden Arbeitszeitregeln kaum beachtet. Das kann jedoch problematisch sein, insbesondere für Arbeitgeber, da Arbeitsgerichte sich streng an die gesetzlichen Vorgaben halten. Deswegen werden Stimmen laut, das deutsche Arbeitszeitrecht entsprechend der Arbeitsrealität zu reformieren. Eine solche Reform würde sowohl Arbeitgeber vor rechtlicher Unsicherheit schützen, als auch den Schutz der Arbeitnehmer verbessern.

Obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) schon vor drei Jahren urteilte, dass die EU Mitgliedsstaaten Regelungen sicherstellen müssten, damit die von Arbeitnehmern täglich geleistete Arbeitszeit gemessen wird, werden Vorgaben zur werktäglichen Arbeitszeit oftmals ignoriert. Arbeitnehmer dürfen maximal acht Stunden am Tag arbeiten. In Ausnahmefällen kann die Arbeitszeit bis zu zehn Stunden betragen, wenn diese Mehrarbeit wieder ausgeglichen wird. Jedoch wird in vielen Branchen die genaue Arbeitszeit kaum oder gar nicht dokumentiert, was den Nachweis der Arbeitsstunden sehr schwierig macht.

Die gesetzliche Arbeitszeitregelung

Laut EuGH-Urteil sollen Unternehmen in den EU Mitgliedsstaaten ein verlässliches, objektives und zugängliches System zur täglichen Arbeitszeitmessung einführen. Dementsprechend sind die Firmen gefordert, alle Arbeitszeiten, vom Beginn eines Arbeitstags bis zum Ende, inklusive Pausen und Überstunden, exakt nachzuweisen. Das EuGH-Urteil dient hauptsächlich dem Schutz der Arbeitnehmer. Somit lässt sich sicherstellen, dass zulässige Arbeitszeiten nicht überschritten werden. Die Pflicht zur Eintragung der Arbeitszeit liegt beim Arbeitgeber. Die Zeiterfassung kann jedoch auch den Arbeitnehmern übertragen werden. In diesem Fall ist der Arbeitgeber aber ebenfalls dafür verantwortlich, dass alle Arbeitszeitbestimmungen eingehalten werden. Bei Verstoß drohen Strafmaßnahmen, die von Verwarnungen bis zu Geldstrafen reichen. Im weit verbreiteten Homeoffice oder im Außendienst gelten dieselben gesetzlichen Regelungen zur Zeiterfassung wie im Büro.

Auch drei Jahre nach dem Urteil hat sich wenig geändert. Gerichte verurteilen Arbeitgeber zur Nachzahlung der allein von Mitarbeitern dokumentierten Überstunden, denn oft fehlt einer Aufzeichnung durch den Arbeitgeber.
Im Februar legte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Gesetzesentwurf vor, mit Verschärfungen für die Erfassung der Arbeitszeiten in einigen Branchen, insbesondere in der Bau- und der Gastrobranche. Von einer allgemeine Anpassung der Arbeitszeitregeln an die Arbeitsrealität ist aber bisher nichts zu sehen.